Der Machtwechsel

Machtwechsel - Gedicht von Berndt Baumgart
Der Machtwechsel – Ein gedicht von Berndt Baumgart

Der Machtwechsel

Narr, sei lustig, sprach der König.

Traurig bin ich, lach zu wenig.

Zeig mir deine schönsten Possen.

Müde bin ich, sehr verdrossen.

Der Narr indessen, wie befohlen,

will des Königs Trauer holen.

Zieht ihm vom ergrauten Haupte

güldnes Krönlein, das verstaubte.

König sprach, du Narrenknabe

hast die ganz besondre Gabe

frech zu sein, fast unerträglich.

Nimm die Krone, trag sie täglich.

Der Traum

Gott erschien mir einst im Traum.

Ja, ich weiß, Ihr glaubt es kaum.

Leise sprach er in mein Ohr.

Manchen kommt das albern vor.

„Ihr Menschen seid fürwahr sehr dumm,

bringt Euch oft gegenseitig um.

Macht Euer Leben ständig schwer.

Die Liebe hinkt schwach hinterher.

Die Bildung schwindet und der Geist.

Ihr glaubt zu wissen, und das heißt,

dass Ihr so töricht wie zuvor.“

Mir kam das ziemlich logisch vor.

„Die Freiheit hab ich Euch geschenkt,

Ihr nutzt sie wenig, und ihr denkt,

dass Euch die Politik regiert.

Doch dabei werdet Ihr verführt.

Den Wissenschaftlern glaubt Ihr gern.

Die Weisen seht ihr eher von fern.

Ihr folgt dem großen Kapital.

Philosophie, sie war einmal.

Jetzt heißt es: Hauptsache gesund.

Geimpft wird, und der Bauch ist rund.“

Ich wollte antworten recht schwach.

Da wurde ich ganz plötzlich wach.

Die Menschen

Sie sind der „Schöpfung Krone“.
Ihr Anspruch ist nicht ohne.

Sie schlagen mit den Keulen.
Vor Selbstmitleid sie heulen.

Sie lügen und betrügen.
Der Schwache muss sich fügen.

Sie fressen und sie prassen.
Und faseln von den „Rassen“.

Sie reden von der „Reinheit“.
Die Worte sind Gemeinheit.

Sie haben Angst vor allem.
Und fürchten sich, zu fallen.

Sie würden gerne helfen.
Den Kobolden und Elfen.

Sie kippen den Planeten.
Dabei sie manchmal beten.

Sie schreiben und sie lesen.
Als wäre nichts gewesen.

Sie sind nicht alle einerlei.
Es gibt auch Bessere dabei.

O Gott, gib ihnen Frieden.
Im Himmel und hinieden.

Lebensweisheit Nr. 8

In Diskussionen hört man oft: „Das ist allgemeingültig“.

Da werde ich sofort nachdenklich.

Ich frage:

1. Was ist „allgemein?“
2. Was ist „gültig“?

Diese beiden Fragen erfordern Definitionen zur Beantwortung.

Aber die Antworten sind sehr unterschiedlich.

Daher gilt: Bisher wurde noch nichts Allgemeingültiges gefunden. Qed

Erfolg

Erfolg, die höchste aller Leitern,
wechselt ständig ihr Gesicht.
Sie zerbricht, hört auf, geht weiter,
nur – man weiß es vorher nicht.

Ein Werk, das eben man begonnen,
wird sofort Vergangenheit.
Bevor der Augenblick zerronnen,
liegt er fern schon unsrer Zeit.

Hast einen Gipfel du erklommen,
stehst du schon am nächsten Berg.
Trotz Schätzen, die du grad bekommen,
bleibst du doch für viele – Zwerg.

Das Große, das du kannst erreichen,
wird recht klein, blickst du zurück.
Jede Tat muss neuen weichen –
Bringt Erfolg denn gar kein Glück?

So lang du neue Ziele siehst,
bringst du deine Welt ins Lot.
Jede Hoffnung , die du fliehst,
bringt im Leben dir den Tod.

 

Lobrecht im Zoo

Professor Lobrecht ging spazieren
zu den Tieren in dem Zoo,
und das, was er dort erlebte,
machte ihn vergnügt und froh.
Er fand einen leeren Käfig,
Schlüssel steckte, stieg hinein,
setzte sich, denn er war müde,
schloss die Augen und schlief ein.
Als er später dann erwachte,
sah er viele Leute gaffen,
amüsierte sich ganz köstlich
mit den Augen eines Affen.

Illustrierte Gedichte von Berndt Baumgart - Professor Lobrecht im Zoo
Illustrierte Gedichte von Berndt Baumgart

Das gar unordentliche Schnabeltier

Nicht jeder kennt das Schnabeltier,
es ist nun mal kein Fabeltier
und selten nur im Zoo zur Hand,
wo manche Tierart Zuflucht fand.

Es ist ein lebendes Fossil,
kein Vogel und auch kein Reptil,
und wenn man es genau beäugt,
wird klar, dass es die Jungen säugt.

Nun wendet gleich der Kenner ein:
„Es wird ein Säugetier wohl sein.“
Doch falsch, Herr Zoologe Meier:
Das Schnabeltier legt nämlich Eier.

Dazu es einen Schnabel hat,
recht entenähnlich, breit und platt;
kurz, dass im Tiersystem es man
nicht richtig unterordnen kann.

Was nicht sein darf, das kann nicht sein:
Schnell ordnete das Tier man ein
als Teil der Monotremata –
denn schließlich ist es nun mal da.

Gar manche hassen wie die Pest,
was sich nicht eingruppieren lässt;
sie halten es voll Abscheu nur
für einen Fehler der Natur.

Ganz wurscht ist dies dem Schnabeltier,
viel älter ist es schon als wir,
lebt ordnungslos, doch vielleicht weit
noch nach des Menschen Erdenzeit.

Gedichte von Berndt Baumgart - Illustriert von Nadia Baumgart
Das gar unordentliche Schnabeltier – Illustrierte Gedichte

Mehr Aquarelle hier: https://nadiapittura.com/2015/03/10/nadia/

Klaus fragt nach:

Klaus fragt nach:

„Danke Hans, dass du uns – wenn auch nicht ganz freiwillig – dein Gesicht zeigst und deinen Namen genannt hast. Was du gesagt hast, ist aber nichts Neues. Versuchst, deine Träume zu behalten und sie zu analysieren. Das versuchen die Menschen schon seit Jahrtausenden. Ganze Bibliotheken sind mit ‚Traumdeutungsbüchern‘ gefüllt. Es gibt viele Traumdeutungslehren, und auch Traumdeuter gab und gibt es einige. Die meisten davon aber sind Spinner, wenn du mich fragst. Doch mich fragst du ja nicht.

Du glaubst, dass Gott ab und zu mit dir spricht – was viele vor dir auch schon geglaubt haben – George W. Bush ist ein lustiges Beispiel, aber auch viele Propheten des Alten Testaments glaubten das. Dann kam Jesus, später auch Mohammed und noch viele andere Visionäre und Heilige oder auch Scheinheilige. Alle glaubten, Eingebungen und Erleuchtungen von Gott zu haben. In den fernöstlichen Religionen gibt es auch etliche dieser Exemplare  zu benennen.

Und jetzt erzählst auch du uns, lieber Hans, dass Gott dann und wann zu dir spricht. Ich kann darüber nur lächeln. Eigentlich ist es ja ganz einfach: Ich schließe die Augen, bringe mich in eine entspannte Position, konzentriere mich und bete. Und dann, manchmal, höre ich eine Stimme, die zu mir spricht. Er sagt mir vielleicht, was ich tun soll, oder er offenbart mir liebenswürdigerweise ein ganz kleines Stück des ‚großen Geheimnisses‘, was er ja ansonsten eigentlich nicht tut. Wenn es dir hilft, es sei dir gegönnt. Aber wir, und dabei schaute er in die Runde der anderen, können eigentlich auf deine Visionen verzichten.

Von Träumen berichtet uns auch der große portugiesische Schriftsteller Fernando Pessoa. In zahlreichen Pseudonymen und auch Heteronymen (ähnlich wie Pseudonyme, nur bei den Heteronymen haben alle Pseudonyme eine eigene Biografie und schreiben unter ihrem Heteronym quasi selbst), beschäftigt er sich mit der Realität und den Träumen. Er stellt die Frage, ob nicht die Realität auch nur ein Traum sei. Letztlich gäbe es keine Realität, sondern nur Träume. Wir Menschen wären auch nur Traumgestalten.

Das ist indes auch nichts Einzigartiges. Schon viele hatten diese Ideen. Franz Grillparzer (‚Der Traum ein Leben‘, 1834 im Burgtheater Wien uraufgeführt), orientierte sich an dem Drama von Pedro Calderón ‚Das Leben ist ein Traum‘ aus dem Jahre 1635. Dort ging es um die Frage der Freiheit und der Verantwortung. Aber das würde in diesem Gespräch zu weit führen.

Was ich sagen möchte, geht um eine der Grundfragen auf diesem Boot: ‚Was wissen wir, was können wir wissen?‘

Pessoa orientiert sich unter anderem an Platon. Sokrates sagte ja, wie es so oft heißt: ‚Ich weiß, dass ich nichts weiß‘. Das ist ja ein Widerspruch in sich selbst. Wie kann er so etwas behaupten? Wenn er nichts weiß, kann er auch das ja nicht wissen. Also gibt es doch ein Wissen. Aber, wer sich nur ein ganz klein wenig mit Platon beschäftigt, weiß, dass dieser blöde Spruch nur auf einem Übersetzungsfehler beruht, und dass Platon niemals einen solchen paradoxen Schwachsinn erzählt hätte. Er stellte nur die Möglichkeit des menschlichen Wissens grundsätzlich in Frage. Letztlich kam er auch nicht weiter als wir alle auf diesem Boot: Am Ende herrschte auch bei Platon Ratlosigkeit.

Aber Pessoa ging noch weiter. Er ließ einen seiner Heteronyme behaupten: ‚Ich kann nicht wissen, dass ich nichts weiß.‘ Diese Lächerlichkeit nannte er dann ‚Ironie‘ und bezog sich dabei auf Sanchez. Der 1550 geborene Franciscus Sanchez war ein Skeptiker, der alles hinterfragte. Er wäre nie auf die Idee gekommen, im Aristotelischen Sinne beweisen zu können, dass er nichts weiß. Auch bei ihm herrschte am Ende – wie schon bei Platon – Ratlosigkeit. Wer will, kann das alles nachlesen. Am Ende wird er erkennen, dass auch die Philosophen und die Dichter uns nicht weiterhelfen.

Also, lieber Hans, bevor ich dich frage, was du damit meinst, dass ich ‚auf der richtigen Spur sei‘ (wenn ich dich recht verstanden habe), möchte ich dich doch dringend ersuchen, mit den Beschimpfungen anderer aufzuhören, z.B. der Julia, die wenigstens ihren evangelischen Glauben hat. Ich kann es aber verstehen, dass es dich ärgert, dass sie dir die Kapuze weggerissen hat.“

Die Reaktionen der Anderen

 

Die Reaktionen der Anderen

Carlos, Michael, Julia und Klaus rückten allmählich zu dem Vermummten am Bootsrand hin, so dass Berndt entsetzt rief: „Passt auf, das Boot bekommt Schlagseite. Bitte nicht alle zum Bootsrand rutschen, sonst kentern wir. Bleibt bitte möglichst in der Mitte des Bootes.“ Widerstrebend hielten die anderen inne und rutschten wieder in die Mitte. Nur Julia näherte sich immer mehr dem Vermummten. Carlos rief: „Berndt hat recht. Wir hören dir gerne zu und wollen auch mit dir diskutieren. Aber zunächst möchten wir wissen, wie du aussiehst und wer du bist.“ Michael nickte ebenfalls zustimmend. Klaus ergänzte: „Ja, wir sind alle wissbegierig und möchten gerne mit dir diskutieren. Aber mit einem Kapuzenmann können und wollen wir nicht reden.“

Währenddessen war Julia immer näher an den Vermummten gerutscht, und plötzlich, ohne Vorwarnung, riss sie ihm die Kapuze weg. Er versuchte noch, diese festzuhalten, aber vergebens.

Da saß er nun, in sich zusammengesunken, und sah die anderen an. Er war nicht mehr jung, aber auch noch kein Greis. Seine Haare waren grau, fast weiß, und ganz kurz geschnitten, vielleicht auf fünf Millimeter. Seine blaugrauen Augen fixierten Julia und die anderen.

„Jetzt seid ihr aber stolz“, brummelte er. „Vor allem die Herrin Julia, die nur alles weiß, was ihr die evangelische Pfarrerin sagt. Euer Geschwätz klingt wirklich recht blöd. Ihr wisst nichts und seid auch noch stolz darauf, beweihräuchert euch selbst mit eurem Nichtwissen. Habt ein bisschen gelesen und ein wenig studiert und meint nun, mit eurem bisschen Verstand kämet ihr weiter. Bringt Definitionen, verwerft sie wieder, stellt erneut alles in Frage und kommt nicht weiter. Dreht euch im Kreise. Der Einzige, den man ein wenig ernst nehmen kann, ist Klaus. Er ist auf einer Spur, weiß nur selbst nicht, auf welcher.

Ich bin kein Gott und auch kein Prophet. Aber ich versuche, Dinge zu verstehen. So, wie Ihr das auch tut. Einiges habe ich gelesen, noch viel zu wenig, fürchte ich. Aber ich bin auf der Spur, und ich hoffe, dass ich noch vor dem Ende meines Lebens etwas weiter gekommen sein werde.

Ganz viel gebe ich auf Träume und Visionen. Träume haben wir jede Nacht, aber leider vergessen wir die meisten während des Lebens im Tagesbewusstsein. Ganz schlimme, ganz wichtige oder auch immer wiederkehrende behalten wir uns. Das geht bis in die Kindheit zurück. Aber es scheint möglich zu sein, bei genügender Konzentration Träume besser behalten zu können. Ich versuche, das zu üben. Dafür gibt es etliche Kniffe, Hilfsmittel und Techniken. Leider stellen die meisten Träume nur Verarbeitungen des Tages dar oder versuchen, Ängste und Begierden zu bewältigen oder auch Sehnsüchte zu stillen. Aber einige scheinen ganz besondere Bedeutung zu haben, da wird der Vorhang zum Jenseits ein wenig geöffnet. Wenn wir es lernen, diese Träume zu behalten, dann können wir sie analysieren und im Leben weiter kommen.

Also versuche ich, ein bewusster Träumer zu werden.

Außerdem bete ich regelmäßig zu Gott, zu meinem Gott. Zu dem einen Gott, der alles und daher auch mich erschaffen hat. Ich bete auf meine eigene Weise, die ich in meinem Leben gefunden habe oder besser ‚gefunden zu haben glaube‘. Ob diese Weise auf Dauer oder auch für andere die richtige ist, kann ich nicht sagen.

Und manchmal spricht Gott zu mir. Ihr könnt lächeln oder mich für verrückt halten, mich mit anderen Menschen vergleichen, die das auch von sich behaupten oder behauptet haben und die ihr wahrscheinlich auch belächelt oder für verrückt haltet. Was soll’s? Jeder muss seinen eigenen Weg finden und gehen. Aber wenn man will, hilft Gott dabei. Davon bin ich überzeugt; denn ich glaube fest daran.

Ich könnte noch vieles sagen, aber jetzt wäre es wahrscheinlich zu viel.

Also versuche ich, herauszufinden, was Gott von mir will.

Übrigens – wenn ihr es denn wollt: Mein Name ist Hans.“