Leben heute

Leben heute – Ein Gedicht von Berndt Baumgart

Leben heute

Natürliche Fassung:

Ohne Luft und ohne Wasser

wär´ das Leben etwas blasser.

Doch mit Lust an der Natur

bist du auf der schönsten Spur.

Schwarze Fassung:

Ohne Luft und ohne Wasser

wär´ das Leben etwas blasser.

Doch mit Macht und ganz viel Geld

lebst du gut auf dieser Welt.

Grüne Spezialfassung:

Ohne Luft und ohne Wasser

wär´ das Leben etwas blasser.

Doch mit Windkraft und Solar

leben Grüne wunderbar.

Blaugelbe Fassung

Ohne Luft und ohne Wasser

wär´ das Leben etwas blasser.

Doch mit neuer Autobahn

kannst du flitzen wie im Wahn.

Rote Fassung

Ohne Luft und ohne Wasser

wär´ das Leben etwas blasser.

Doch sind alle krank und arm

hat die Gleichheit ihren Charme.

Vegane Fassung:

Ohne Luft und ohne Wasser

wär´ das Leben etwas blasser.

Doch mit Blattspinat und Tee

tust du nicht den Tieren weh.

Bayerische Fassung:

Ohne Luft und ohne Wasser

wär´ das Leben etwas blasser.

Doch mit Fleisch und gutem Bier

ist es ganz erträglich hier.

#gedichte #gedicht #lebensweisheit

Die Eile

Die Eile – Gedicht von Berndt Baumgart

Die Eile

Die Eile ist ganz ohne Frage

auf Erden eine große Plage.

Sie hält gar manchen stets in Trab

und schickt ihn früh ins Grab hinab.

Was tut der kluge Mensch dagegen?

Als erstes – nicht zu viel bewegen.

Als zweites – nur nicht zu viel tun.

Als drittes – lieber öfter ruhn.

#gedichte #eile #ruhe #lebensweisheit

Der Zweck des Lebens

Der Zweck des Lebens – Gedicht von Berndt Baumgart

Der Zweck des Lebens

Es war einmal ein Durchschnittsmann,

der fragte sich so dann und wann,

was denn sein Zweck im Leben sei;

denn schließlich ist es schnell vorbei.

Da kam gleich ein Politiker.

Der sagte, das ist gar nicht schwer.

Sei lieb und gut, verhalt dich brav.

Du bist kein Wolf, sondern ein Schaf.

Geh schön wählen, sei zufrieden,

dann geht es dir gut hienieden.

Der Mann lebte nun sorgenfrei.

Woran er starb, ist einerlei.

Doch Sein Bruder war ein Dichter.

Ein ganz kleiner, kein erpichter.

Unzufrieden und mit Sorgen

Aber glücklich, heut und morgen.

#gedichte #illustriertegedichte

Kopfzerbrechen

Kopfzerbrechen – Ein Gedicht von Berndt Baumgart

Ohne Streusalz, ohne Sand

stürzen viele in dem Land.

Mancher bricht sich auch das Bein.

Doch es könnte schlimmer sein!

Wenn man sich den Kopf zerbricht,

nützen Sand und Streusalz nicht.

#gedichte #lyrik

Trotzdem

Trotzdem

Frust im Diesseits, Trost im Jenseits?

Das Diesseits ist recht bald vorbei.

Kurz vor dem Ziel sind wir bereits.

Priester versprechen mancherlei.

Nichts von dem Jenseits wissen wir.

Wir können träumen, hoffen nur.

Drum leben wir gern jetzt und hier.

Angst vor dem Tode? Keine Spur!

#gedichte #lyrik #illustriertegedichte #gedanken

Modernes Theater – Dritte Szene – Im Reisebüro

Modernes Theaterstück von Berndt Baumgart
Modernes Theater – Im Reisebüro

Modernes Theater – Dritte Szene – Im Reisebüro

Familie Schneider. Vater Peter, Mutter, Tochter Laura (16 Jahre). Beraterin (38 Jahre)

Beraterin 

„Herzlich willkommen. Endlich dürfen Sie wieder reisen.“

Vater 

„Was heißt‚ ‚dürfen‘? Wir müssen wieder reisen. Sonst sind die Damen nicht zufrieden. In der Lockdown-Zeit hatten wir endlich einmal Ruhe. Wir haben hier doch alles, was wir brauchen. Aber wem erzähle ich das? Sie verdienen ja Ihr Geld mit dem Schmarrn. Aber wir haben in der Lockdown-Zeit viel Geld gespart.“

Mutter 

„Fängst du schon wieder an? Wir haben das doch alles wochenlang durchdiskutiert. Wo ist denn das ganze gesparte Geld verblieben? Im Wirtshaus?“

Vater 

„Ist ja schon gut. Also, wo könnte es hingehen?“

Beraterin 

„Ich habe zurzeit so tolle Angebote. Für jeden Geschmack etwas. Aber bevor ich Ihnen etwas zeige, helfen Sie mir doch bitte ein wenig bei der Eingrenzung. Soll’s eher ans Meer gehen oder in die Berge? In Europa oder auf andere Kontinente?“

 Vater 

„Auf jeden Fall irgendwohin, wo es sicher ist. Wo wir zwei oder drei entspannte Wochen verbringen können, ohne, dass wir belästigt oder überfallen werden und ohne, dass wegen plötzlicher Corona-Fälle wieder alles zu Ende ist und wir in Quarantäne müssen.“

Beraterin 

„Ach, sehen Sie das alles doch nicht so schwarz, Herr Schneider. Das Schlimmste ist ja gottlob vorbei. Nun heißt es wieder‚ ‚Sommer, Sonne, Freiheit‘. Überall gibt es jetzt schöne und sichere Möglichkeiten. Wie wäre es in Hourghada? Immer Sonne, total sicher. Gutes Essen. Und absolut preiswert.“

Vater 

„Bei den Scheiß-Arabern? Da sind doch Taucher ans Land geschwommen und haben Urlauber abgestochen.“

Beraterin 

„Das ist nicht Arabien, sondern Ägypten. Und seit der General Sisi dort regiert, herrscht Zucht und Ordnung. Da ist nichts mehr passiert. Die Ägypter lieben die Deutschen. Außerdem ist es preiswert.“

Mutter 

„Ja, das wäre eine Option. Aber da gibt es doch keine Kultur. Wie ich gehört habe, sind die Leute dort in sicheren Bereichen eingesperrt, werden von Sklaven bedient und bekommen von Land und Leuten nichts mit.“

Beraterin 

„Nein, ganz und gar nicht. Es gibt Ausflüge nach Abu Simbel, zum Tal der Könige. Die ganze alte Kultur lernen Sie dort kennen, von der die Menschheit abstammt. Auch wir sind letztlich alle alte Ägypter.“ Sie lächelt. „Und das Personal ist ja so froh, wenn endlich wieder Touristen kommen. Davon leben die ganzen Familien dort.“

Vater 

„Ach so. Dann müssten wir ja eigentlich alle Schwarze sein. Das verstehe ich nicht. Aber wenn wir mit dem Urlaub ein gutes Werk tun, warum nicht?“

Tochter 

„Ich kann da nicht mehr zuhören. Die Ägypter sind keine Schwarze, sondern Nordafrikaner, mit der Witterung angepasster dunkler Hautfarbe, wie z.B. die Inder. Und der Homo Sapiens, unser Vorfahr, soll vom ostafrikanischen Graben abstammen, aber nicht von Ägypten. Neue Untersuchungen sagen sogar, von Marokko. Und die Leute, die uns dort bedienen, arbeiten für einen Hungerlohn! Und Sisi ist ein Menschenschinder, der alle einsperrt, die ihm in die Quere kommen.“

Mutter 

„Also kein Ägypten. Da werden wir uns nicht einig. Was gibt es denn sonst noch?“

Beraterin 

„Wie wäre es denn mit Antalya in der Türkei? Ganz viel alte Kultur und Geschichte.  Oder auch Thailand. Phuket, wunderschöne Gegend, da ist für jeden etwas dabei. Elefantenreiten durch den Dschungel, bestes Essen, alte Kulturen, Thailändische Mönche, immer Sonne, Strand, Meer.

Mutter 

„Klingt gut.  In Thailand waren wir noch nie. Da soll es tropisch heiß sein mit scharfem Essen. Das magst du doch, Peter? Und du, Laura, könntest auf Elefanten durch den Dschungel reiten. Du magst doch Elefanten?“

Vater 

„In Phuket gab es doch ein schweres Erdbeben mit riesigem Tsunami. Ist gar nicht lange her. Das liegt alles auf einem Feuerring, oder wie das heißt. Auch deutsche Urlauber sind dort gestorben. Sogar einer meiner Kumpels vom THW war dort. Und dann diese eklige Kinderprostitution. Wenn wir nicht aufpassen, wird Laura noch verschleppt…“

Tochter 

„Das kommt überhaupt nicht in Frage. Thailand ist eine Scheiß-Monarchie mit einem König, der seine Frauen und Geliebten missachtet und die meiste Zeit in Bayern lebt. Und Elefanten-Reiten ist etwas für Kleinkinder oder für Omas und Opas. Nicht mit mir!“

Mutter 

„Dann vielleicht dieses Antalya. Ist ja am Mittelmeer. Da sind zwar auch viele Moslems, aber ich habe mir sagen lassen, ganz viele dort sprechen deutsch, auch das Personal. Vielleicht treffen wir dort sogar Bekannte. Und preiswert ist es auch. Der Erdogan macht doch gerade die Währung kaputt.“

Vater 

„Nein, das passt mir nicht. Zu dem muslimischen Sultan, der mit den Russen befreundet, aber in der Nato ist und trotzdem die Griechen bekämpft, will ich nicht. Und wenn wir ein Steinchen als Andenken mitnehmen, kommen wir ins Gefängnis. 

Dann fahren wir wieder wie früher an den Gardasee. Italienisches Flair, beste Küche, Pizza, Pasta, Fisch, tollen Wein. Nur das Bier ist Scheiße. Aber ab und zu gibt es Paulaner oder Erdinger. Alles spricht Deutsch. Es gibt jede Menge Kunsterlebnisse, ganz viel Kultur, und Südtirol ist auch nicht weit. Da können wir den Ötzi besuchen. Vielleicht erkennt er uns noch von früher?“ Lacht behäbig. „Hätten Sie da ein geeignetes Etablissement für drei Personen? Natürlich fahren wir mit dem Auto über die Brenner-Autobahn.“

Tochter 

„Nur für zwei Personen bitte. Das ist doch absolut widerlich. Ihr seid ja solche Spießer. Ich will lieber mit Erika fahren. Die geht als Backpackerin nach Goa.“

Beraterin 

„Also einmal Gardasee für zwei Personen. Da wäre ein preiswertes Hotel in Malcesine.“ Sie mustert das Paar noch einmal prüfend. „Etwas im Hinterland, aber vom fünften Stock können Sie sogar ein Stücken vom See erkennen.“ 

Zur Tochter gewendet: „Wir haben auch günstige Backpacker-Reisen im Angebot. Zeige ich Ihnen gleich.“

Tochter 

Schreit „Neeeein…“, reißt die Tür auf und rennt weg.

Modernes Theater – Zweite Szene – Eine Zeitungsredaktion

Gesellschaftskritisches modernes Theaterstück von Berndt Baumgart Zeitungsredaktion
Modernes Theater

Modernes Theater – Zweite Szene – Eine Zeitungsredaktion

Eine Zeitungsredaktion

Chefredakteur, Journalist 1, Journalist 2, Journalist 3

Journalist 1 

„Ich will heute einen Bericht über Corona-Todesfälle in unserer Region schreiben. Habe gründlich recherchiert.  Das gibt einen Knaller!“

Chefredakteur 

„Nun mal langsam. Was soll dabei herauskommen?“

Journalist 1 

„Ich habe zweifelsfrei festgestellt, dass die durchschnittliche Sterblichkeit in unserer Region in der Corona-Zeit gesunken ist.“

Chefredakteur 

„Das ist doch nichts Besonderes. Natürlich ist die Sterblichkeit gesunken. Aber nur wegen unserer sofortigen Maßnahmen.“

Journalist 1 

„Ach so. Also werde ich die gesunkene Sterblichkeit mit den Maßnahmen unserer Regierung verknüpfen. Und dann ist es gut.“ 

Chefredakteur

„Genau. Sie begreifen schnell.“

Journalist 2 

„Entschuldigung, wenn ich mich da einmische. Aber ich habe festgestellt, dass die Sterblichkeit mit den Corona-Maßnahmen eigentlich nicht korrespondiert. Ich…“

Chefredakteur 

Unterbricht. „Hören Sie bitte sofort mit dem Querdenker-Geschwätz auf. Die ganze Rechnerei wird nicht benötigt. Wir haben eine Pandemie und leben in einer Demokratie. Ist das klar?“

Journalist 2 

„Ja, das ist klar. Aber was hat das mit den Zahlen der Statistiker und Wissenschaftler zu tun? Wir haben schließlich die gesetzlich garantierte Pressefreiheit. Und wir sollen doch als Zeitung wahrheitsgemäß berichten. Und die Wahrheit ist…“

Chefredakteur 

Unterbricht erneut mit einer ungeduldigen Handbewegung. „Was wissen Sie denn schon von der Wahrheit. Von Plato über Spinoza, Descartes bis zu Kant und Hegel wurde darüber diskutiert. Ich will hier nicht weiter ausführen, auch, wenn ich das könnte.“ Er lächelt selbstverliebt. „Von Habermas und Abendroth will ich an dieser Stelle nichts sagen. Eines können Sie mir glauben: Es gibt keine Wahrheit. Sie ist immer eine Definition, eine Vereinbarung.“

Journalist 2 

„Ach so. Ich bitte um Entschuldigung. Das wusste ich nicht. Und wie und von wem wird die Corona-Wahrheit definiert? Wenn ich fragen darf?“

Chefredakteur 

Herablassend. „Sie dürfen. Wissen Sie, die Wahrheit ist ein Kompromiss. Wir als Zeitung müssen Rücksicht nehmen auf die verschiedensten Interessen. Für uns ist am wichtigsten, dass wir überleben, Werbeeinnahmen bekommen und unsere Leserschaft erhalten. Das funktioniert am besten, wenn wir in Übereinstimmung mit dem Fernsehen und daher logischerweise auch mit der Regierung sind.“

Journalist 3 

„Entschuldigung, wenn auch ich da noch einmal nachfrage. Habe ich richtig verstanden? Das Fernsehen und die Regierung bestimmen die Wahrheit?“

Chefredakteur 

„Das ist sehr primitiv ausgedrückt. Eines Journalisten unwürdig. Sie sind ja noch in der Probezeit. Ob das mit Ihrem Berufswunsch etwas wird? Ich weiß nicht, ob ich das auch Leuten von bescheidenem Intellekt vermitteln kann. Der Kompromiss ist eine tägliche Herausforderung. Wir müssen wissen, was war, fühlen, was heute ist und voraussehen, was morgen sein wird. Das ist sehr schwierig. Ein täglicher Balanceakt.

Journalist 1 

„Bitte um Entschuldigung. Was mache ich denn dann mit meinem heutigen Beitrag? Ich habe ja alles recherchiert…“

Chefredakteur 

„Das hatten wir doch schon. Die staatlichen Maßnahmen sind gut und richtig. Dann passt der Beitrag.“

Journalist 1 

„Danke, das werde ich mir merken. Dann ist ja alles nicht so schwer. Was die Regierung sagt, ist richtig.“

Chefredakteur 

„Wie dumm sind Sie denn? Das Richtige, die Wahrheit, muss jeden Tag neu überprüft werden. Wenn das Fernsehen die Regierung kritisiert, weil z. B. Lobbygruppen etwas anderes wollen, dann können, müssen wir sogar die Regierung kritisieren. Dann ist Kritik wichtig. Für Ihren Bericht: Dann ist die niedrige Sterblichkeit NICHT auf die staatlichen Maßnahmen zurückzuführen. Verstehen Sie?“

Journalist 1 

„Ich versuche, zu verstehen.“

Journalist 2 

„Ach so, jetzt verstehe ich. Wahrheit ist, was wichtig ist. Jedenfalls für unsere Zeitung.“

Chefredakteur 

„Ich habe sehr einfache Mitarbeiter. Das ist wohl meine Strafe. Weiß nicht wofür. Aber Hauptsache, Ihr tut Eure Pflicht. Und im Zweifel fragt Ihr mich. Aber was geschieht, wenn ich nicht mehr da bin?“

Journalist 3 

„Dann gibt’s halt keine Wahrheit mehr. Oder?“