Die unsterblichen Menschen – Eine Erzählung

Erzählung von Berndt Baumgart

Es begab sich, dass die Wissenschaft den Tod besiegte. Gegen alle Krankheiten gab es Impfungen. Niemand wurde mehr krank. Nach der Identifizierung des „Alterungsgens“ konnten sich alle menschlichen Zellen immer wieder erneuern. Der ersehnte Jungbrunnen war gefunden. Außer bei Unfällen oder Missetaten musste kein Mensch mehr sterben. Es hätte das Paradies sein können.

Aber Gott sah das mit Missfallen. Nicht nur, weil die Menschen keinen Glauben mehr hatten, außer dem an die Wissenschaft. Sie hatten sich auch über ihn erhoben; denn nach dem Sündenfall hatte er sie ja zur Sterblichkeit verdammt. Die Menschen waren jetzt selbst fast wie Gott geworden.

Gott handelte konsequent. Da die Sterblichkeit der Menschheit beseitigt war, holte er alle Menschen, die jemals gelebt hatten, auf den Erdball zurück. Sie kamen aus den Gräbern, den Höhlen, dem Reich der Toten. Asche setzte sich zusammen, formierte sich, und es entstanden wieder menschliche Körper. Die meisten Älteren kamen in der Gestalt ihrer jugendlichen Blüte, die Kinder in ihrer jugendlichen Form.

Insgesamt kamen 112 Milliarden Menschen gleichzeitig auf die Erde. Das konnte der Planet nicht verkraften. In den bewohnbaren Teilen der Kontinente traten sich die Leute buchstäblich auf die Füße. Es gab keine Nahrungsmittel für alle und viel zu wenig Trinkwasser. Viele fingen an, sich zu bewaffnen und um die wenigen vorhandenen Ressourcen zu kämpfen. Aber das dauerte nur wenige Tage.

Die Leichenberge häuften sich. Gestank überzog die Erde. Eine riesige Seuche befiel die Menschheit, vor der es kein Entrinnen gab. Aus dem Paradies war die Hölle geworden. Die wenigen Wissenschaftler und Ärzte konnten ihr Handwerk nicht mehr angemessen ausüben. Nach wenigen Wochen gab es keine Menschen mehr.

Sie waren ein interessanter, aber misslungener Versuch gewesen. Gott widmete sich nun schöneren Aufgaben.

Des Huhnes Problem

Illustrierte Gedichte von Berndt Baumgart
Illustriertes Gedicht von Berndt Baumgart

Des Huhnes Problem

Auf einem alten Odelfass

saß ein Huhn und wurde nass,

denn es schüttete gar sehr.

Der Regen nahm kein Ende mehr.

„Was soll ich tun?“, das Huhn sich fragt.

Zitternd es sein Los beklagt.

„Im Hühnerstall, da wär es schön.

Ich brauchte nur hineinzugeh‘n.

Doch dort ist der geile Hahn,

den ich nicht ertragen kann“.

Das Huhn blieb sorgend auf dem Fleck.

Die dunklen Wolken zogen weg

und warme Sonne kam heraus.

Schon war des Huhnes Sorge aus.