Zwei Viren trafen einen Mann
am Morgen in der Straßenbahn.
Der Herr sah frisch und munter aus
und fuhr zur Arbeit von zu Haus.
Die Viren sprachen : “Ach wie fein,
bei jenem nisten wir uns ein.“
Gesagt, getan. Kaum war’s gesprochen,
sind sie ihm in den Hals gekrochen.
Dort blieben sie den ganzen Tag,
bis abends er im Bette lag.
Indes, so sei man noch belehrt,
hatten die Viren sich vermehrt.
Es waren nicht mehr nur die zwei,
sondern zweitausend oder drei-.
Des Nachts nun fingen diese an
zu kriechen durch den armen Mann,
in die Beine, Arme, Hände,
durch Adern und durch Zellenwände,
ins Gehirn und in den Bauch,
wie es bei den Viren Brauch;
sie schwammen hin, sie schwammen her
-und es wurden immer mehr!
Ein neuer Tag nimmt seinen Lauf.
Der Wecker schrillt. Der Mann wacht auf,
will die Glieder wohlig strecken
und erkennt mit großem Schrecken,
dass er krank geworden ist,
was ihn ärgert und verdrießt.
Es schmerzt der Kopf, und er hat Fieber,
den ganzen Tag im Bette blieb er.
Unterdessen sind die Viren
gewandert bis in Herz und Nieren,
haben, wie es musste kommen,
vom ganzen Mann Besitz genommen;
waren in der zweiten Nacht
auf der Höhe ihrer Macht,
die sie dergestalt genossen,
dass neue Viren ihr entsprossen.
Am nächsten Tag, ach große Not,
da fühlt der Mann sich schon halb tot;
er ächzt und stöhnt, kann kaum noch leben,
geschweige denn die Glieder heben,
also dass zum guten Schluss
dann der Doktor kommen muss.
Dieser gibt ihm mancherlei:
Teuren Rat und Arzenei.
Wie man weiss, sind Viren nun
gegen Medizin immun.
Tabletten, Pulver, Spritzen, Saft
geben ihnen neue Kraft,
sind für sie nur Leckerbissen,
die sie hoch zu schätzen wissen.
Und unser Mann, so ist das eben,
blieb weiter krank, die Viren –leben.
Es geht der Krug, wer kennt das nicht,
so lang zum Wasser, bis er bricht.
Genauso war die Sache hier:
Die Viren fraßen voller Gier,
was nur das war, mit Genuss,
schwelgten in dem Überfluss,
bis sie Maß und Ziel vergaßen
und sich gegenseitig fraßen.
Gesund fuhr wieder unser Mann
Am Morgen in der Straßenbahn.
Er sah recht blass und kränklich aus,
ob vom Aufenthalt zu Haus
oder vom Behandlungspreis,
das nur der Arzt zu sagen weiß.